Schritt für Schritt dem Leben eine neue Ausrichtung geben
Die Verhaltenstherapie ist eine Methode der Psychotherapie, die weltweit große Anerkennung erfährt. Die Kostenträger in Form von gesetzlichen und privaten Kassen übernehmen bei Bedarf die Kosten für eine Therapie. Verhaltenstherapie wird heute bei unterschiedlichen Störungsbildern erfolgreich eingesetzt.
Der Ursprung der Verhaltenstherapie
Wann genau die Entwicklung der Verhaltenstherapie begonnen hat, lässt sich heute nicht genau definieren. Sicher ist jedoch, dass Veröffentlichungen über Lerntheorien in Bezug auf menschliches Problemverhalten zu Beginn der 1900er Jahre als erste Schritte festgelegt werden können. Die Entwicklung der heutigen Form der Verhaltenstherapie wird derzeit in drei Wellen unterteilt.
Die erste Welle – die behaviorale Phase der Verhaltenstherapie
Im Gegensatz zu anderen Formen der Psychotherapie baut die Verhaltenstherapie darauf, dass ihre Behandlungsmodelle objektiv, replizierbar und empirisch fundiert sind. Konsequent werden experimentelle, natur- und wissenschaftliche Studien sowie beweisbare Untersuchungen vorgenommen.
Durch diese wissenschaftliche, reduktionistische Herangehensweise erfährt die Verhaltenstherapie zu Beginn massive Anfeindungen. Besonders die Vertreter der Psychoanalyse, die sich auch mehr zu den geisteswissenschaftlichen Ansätzen hingezogen fühlen, lehnen diese Therapieform ab. Man beginnt damit sichtbares Verhalten durch Lernen zu verändern und erreicht Erfolge, die in anderen Therapieformen, in dieser Art, nicht erreicht werden. In diesem Zusammenhang spricht man von „behavior modification“. Mit diesen ersten Schritten kristallisiert sich heraus, dass Bewertungs- sowie Interpretationsprozesse berücksichtigt werden müssen, um den Problemstellungen der Patienten gerecht zu werden. Mit dieser Erkenntnis beginnt die kognitive Wende.
Die zweite Welle der VT – die kognitiv-behaviorale Phase
Die methodische Beschränkung auf die Lerngesetze weckt eine zunehmende Unzufriedenheit bei den Verhaltenstherapeuten. Immer mehr kristallisiert sich bei der Arbeit mit den Patienten heraus, dass kognitive Prozesse für das Bestehenbleiben von psychischen Störungen bedeutsamer sind, als bisher angenommen.

Bereits im Jahr 1955 wird die heutige Rational-Emotive-Verhaltenstherapie (REVT, zu dieser Zeit noch RET) durch Albert Ellis, unabhängig von der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) entwickelt. Ellis legte dabei großen Wert auf einen explizit formulierten philosophischen Hintergrund. Durch das originäre REVT-Konzept der Selbst- und Fremdakzeptanz unterscheidet sich die REVT von anderen KVT. Diese Methode wird in den 1960er Jahre von der Verhaltenstherapie aufgenommen und ist mit der „Kognitiven Therapie“ von Beck eine wichtige Grundlage der heutigen KVT.
Bis in die 1980er Jahre entwickelt sich die kognitive-behaviorale Betrachtung enorm weiter. In dieser Zeit festigt sich die störungsspezifische Betrachtungsweise, aus der wiederum konkrete Behandlungsansätze für bestimmte Störungsbilder entstehen. Mit dieser Entwicklung wendet sich die VT jedoch nicht von ihrem Ursprung der behavioralen Theorie ab, sondern ergänzt diese durch kognitive Aspekte.
Trotz der Erfolge der kognitiven VT entsteht bei vielen Therapeuten eine erneute Unzufriedenheit. Die praktischen und theoretischen Ansätze der kognitiven VT legen offen, dass verschiedene Patientengruppen nicht durch eine Kurzzeittherapie erfolgreich behandelt werden können.
Daraufhin werden erstmalig psychodynamische und interpersonelle Ansätze in die VT aufgenommen und durch Young als „Schematherapie“ definiert. Im gleichen Zeitraum wird bei der Behandlung von Borderline-Störungen festgestellt, dass diese ebenfalls nicht erfolgreich durch die kognitiv-behaviorale Therapie angesprochen werden können. M. Linehan lässt daraufhin die Aspekte „Achtsamkeit“ und „Akzeptanz“ als Elemente in die Therapie einfließen. In dieser Zeit entstehen unter anderem die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT), Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie sowie Metakognitive Therapie. Ebenfalls in dieser Phase entwickelt u. a.
Die dritte Welle der VT
Es ist umstritten, ob die Veränderungen der Kognitiven Verhaltenstherapie seit den 1990er Jahren als dritte Welle bezeichnet werden können. Fest steht jedoch, dass umfangreiche Entwicklungen stattgefunden haben. Ob Emotionsregulation, Fertigkeitentraining, ACT, Cognitive Behavioral System of Psychotherapy (CBASP) , Akzeptanz- und Commitmenttherapie, Behavioral Activation oder Schematherapie – u. a. die Entwicklung der Verhaltenstherapie – brachte umfangreiche und wichtige Änderungen mit sich.
Heute kann man nicht mehr von „DER Verhaltenstherapie“ als Therapieform sprechen. Die Verhaltenstherapie bietet viele unterschiedliche Methoden und Verfahren. In erster Linie sollen die Methoden dem Klienten helfen, seine psychischen Probleme durch die Einsicht in Ursachen und die darauf basierende Entstehungsgeschichte durch die Therapie zu erkennen. Darauf basierend können neue Methoden, beziehungsweise andere Verhaltensweisen erlernt werden. Die Verhaltenstherapie kann also auch als eine angeleitete Hilfe zur Selbsthilfe bezeichnet werden.
Das Hauptaugenmerk liegt bei der heutigen Form der Verhaltenstherapie auf den drei Säulen „Emotionsregulation“, „Achtsamkeit“ und „Akzeptanz“. Die angewendeten Techniken beziehungsweise Methoden basieren dabei auf Modellen, die sich aus unterschiedlichen Anteilen aus der behavioristischen und kognitiven Lehre zusammensetzen.